Einen Abend, der sich um Lust und Genuss dreht – das versprach die Münchener Ärztin und Sexualtherapeutin Dr. Melanie Büttner dem aus Fachleuten und interessierten Paaren gemischten Publikum bei ihrem Vortrag im Haus St. Ulrich. Auf dem Programm hatte die erfahrene und nicht zuletzt durch ihren Sex-Podcast „Ist das normal?“ bekannte Therapeutin das Thema „Wie Sexualität lebendig bleibt“. Denn: auch wenn Sexualität ein wichtiges Thema in Beziehungen ist, wird aus der Lust leider oft Frust. Zum Vortrag eingeladen hatten die Psychologische Beratungsstelle für Ehe-, Familien-, Lebensfragen (EFL) der Diözese Augsburg im Rahmen ihres 50-jährigen Jubiläums sowie die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) des Bistums Augsburg und die Ehe- und Familienseelsorge Augsburg.

„Wir denken, wir meinen bei Sex dasselbe“

Nicht selten stecken hinter den Problemen der Paare verschiedene Sichtweisen von Sexualität, sogenannte „subjektive Sexualitätskonzepte“: „Wir denken, wir meinen dasselbe“, so Büttner. Doch die Realität ist eine andere. Gemeint sein kann Sexualität beispielsweise als Ausdruck von Liebe oder als Ventil für Stress oder als etwas Verbotenes oder als ein geheimnisvolles Land oder als eine Pflicht und vieles andere mehr. „Unsere Sichtweisen sind abhängig von unserer Prägung, unserer Biografie“, erklärt Büttner, die zugleich Traumatherapeutin ist. Aus Verlusterfahrungen kann zum Beispiel eine von Angst getriebene Sexualität entstehen, die den anderen Menschen um jeden Preis binden will.

Den eigenen „sexuellen Fingerabdruck“ entdecken

Entscheidend ist es, den eigenen „sexuellen Fingerabdruck“ zu kennen, rät Büttner, „und die persönlichen Grenzen, wo das Wohlfühlen aufhört.“ Sie ermutigt Frauen und Männer, neugierig auf eine „Reise zu sich selbst zu gehen, die verschiedenen Dimensionen zu erkunden, die meine Sexualität ausmachen“. Hilfreiche Fragen können sein: „Welche Bedürfnisse möchte ich über Sexualität erfüllen?“, „Was möchte ich in der Sexualität schenken?“ Das klärt eigene Vorlieben und Wünsche. Und hilft nicht zuletzt in der Partnerschaft, wenn beide anschließend darüber miteinander sprechen.

Liebespaare ticken beim Sex nicht automatisch gleich

„Mit der Sexualität ist es nicht viel anders als mit Vorlieben beim Essen oder bei Urlaubszielen“, meint Büttner mit einem Augenzwinkern. Nur weil sich Menschen in einer gemeinsamen Liebesbeziehung befinden, ticken sie in der Sexualität nicht automatisch gleich. Zudem verändert sich das Sexleben im Laufe der Zeit. „Ich lade dann Paare dazu ein, dass jeder für sich eine Zwischenbilanz seines Sexlebens macht“, berichtet Büttner aus ihrer Praxis, „es erfordert eine große Kompetenz, sich selbst spüren zu können, um dann sagen zu können ‚Was möchte ich anders‘.“ Doch der Weg lohnt sich, lautet ihre langjährige Erfahrung.

Wie inspirierend die Fülle an Informationen und Ideen der sympathischen und fachkundigen Referentin für das Publikum an diesem Abend waren, ließ sich an dem anhaltenden Applaus ablesen.

(Foto: EFL/A. Gah)